Kategorie: Elternzeit

Eule versus Lerche

Meine Frau ist eine Lerche, ich hingegen eine bekennende Eule. Vor 9h bin ich nicht richtig wach. Deshalb war mein Erstberuf, Industriemechaniker, auch nix für mich. In meinem heutigen Job als Erziehungsberater wollen mich Familien nur selten vor neun sprechen. Also der ideale Beruf für mich. Könnte also alles so schön sein. Ist es aber nicht 😉

Meine Große ist mir in den Rücken gefallen. Über drei Jahre habe ich alles gegeben, dass aus ihr ebenfalls eine glückliche Eule wird. Bis vor zwei Monaten hatte ich damit auch Erfolg. Aber nun ist sie in das Lager der Lerchen gewechselt. Jetzt sind da drei Frauen in meiner Umgebung, die den frühen Morgen zum Tag machen. Und wie es sich für echte Lerchen gehört, kaum sind die Augen auf, wird geträllert und gelacht was das Zeug hält. Dummerweise teile ich arme Eule mein Nest mit den drei Lerchen. Soll heißen: bei dem Lärm kann selbst eine Eule nicht mehr schlafen.

Spätestens in der Pubertät habe ich meine beiden Mädels wieder auf meiner Seite. Nur nützt es mir in 10 Jahren nix mehr. Denn spätestens dann sind wir nervige, uncoole Eltern, da kommt keines der beiden mehr morgens zu uns ins Bett gehüpft.

Also, egal ob Eule oder nicht, die gemeinsame Zeit morgens im Bett genießen, solange es noch geht. Aber, liebe Große, liebe Kleine, halb sieben wäre doch auch noch früh genug, oder?

Foto: Peter Kraayvanger, pixabay.com

Rabenmutter?

Dass eine Frau und Mutter nicht die ganze Elternzeit nimmt und dann auch noch mit voller Stelle zurück in den Job kommt, scheint noch immer in vielen männlichen aber insbesondere auch weiblichen Köpfen unvorstellbar zu sein. Hier einige typische Beispiele, die meine große Liebe sich aktuell – aber auch schon vor drei Jahren – bei ihrer Rückkehr in den Job anhören durfte bzw. musste:

Wann kommst du denn wieder? Wie? Jetzt schon? Wie alt ist denn dein Kind? Erst sieben Monate? Die kannst du schon alleine lassen?

„Wie, du kommst mit voller Stundenzahl zurück? Das würde ich nicht schaffen. Hast du dir das auch gut überlegt?“

Kollege: „Du kommst voll wieder, krass!“ Meine Frau: „Du hast doch auch Kinder, wieviele Stunden arbeitest du denn?“ Kollege: „Äh, voll natürlich!“

Wie, du kommst heute wieder? Hast du deine Tochter etwa schon in der Kita abgegeben?“

Auf die Idee, dass der Papa sich für die Betreuung seiner Tochter Zeit nimmt, ist von den fragenden Kolleg*Innen keiner gekommen….

Atme dich frei

Endlich 17 Uhr. Die Mutter meiner Kinder ist wieder da! Kurze Pause für mich. Tasse, heißes Wasser, Atme-dich-frei-Teebeutel (was anderes habe ich auf die Schnelle nicht gefunden) und das Sofa – einen Moment der Entspannung, denke ich glücklich. Fehlanzeige! Der Tee ist noch nicht einmal eine Minute gezogen, da liegt die Große schon weinend auf dem Boden, dreht sich links, dreht sich rechts und ruft: „Ich kann nicht mehr laufen! Papa muss kommen und mich tragen.“ Der Papa – also ich – schüttele nur mit dem Kopf und sage: „Ich brauche jetzt eine Pause. Die Mama ist doch da.“ Aber der Arm von Mama ist schon mit der Kleinen besetzt. Dicke Tränen laufen über das Gesicht meiner Tochter. „Papa! Papa!“ Bei mir im Kopf kommt es zu einer handfesten Meinungsverschiedenheit: „Nimm sie doch einfach in den Arm“, sagt die emotionale Gehirnzelle. „Lass sie liegen, sie muss lernen nicht immer alles zu bekommen, was sie will“, erwidert die sachliche Zelle.

Ich entscheide mich für einen Kompromiss. Meiner Großen sage ich: „So lange, bis der Wecker für den Tee klingelt, werde ich jetzt mit dir spielen. Aber wenn der Tee fertig ist, setze ich mich an den Esstisch und du lässt mich in Ruhe meinen Tee trinken.“ Meine Tochter ist einverstanden.

Und tatsächlich, es funktioniert.

Kampf gegen Windmühlen

Jetzt bin ich noch nicht einmal eine Woche in Elternzeit und eine Sache geht mir jetzt schon mächtig auf die Nerven. Der ewige Kampf um Spielsachen aufzuräumen, Wäschewaschen und Putzen. Es ist wie verhext. Da räume ich in der wertvollen Papazeit – dem Mittagsschlaf meiner Tochter – die Spielecke auf, staubsauge im Wohnzimmer plus Küche und stelle eine Waschmaschine an. Abends nach dem Zubettbringen der Kinder scheinen alle Spielsachen wieder ihren ursprünglichen Platz irgendwo im Zimmer eingenommen zu haben, die Küche sieht aus wie sau und im Schlafzimmer stapelt sich schon wieder ein fetter Wäscheberg.

Wie gut, dass meine Frau mir noch nicht die berühmte Frage, „Was hast du heute eigentlich den ganzen Tag über gemacht?“ gestellt hat. Ich befürchte, meine Antwort könnte dann so laut ausfallen, dass beide Kinder aus ihrem Schlaf gerissen werden. Also Schatz, frag nicht! Niemals! Bitte!!!

Vaterglück 2016 – Ein Rückblick

Willkommen 2017. Passender Zeitpunkt, noch einmal auf die die Glücksmomente als Vater in 2016 zu schauen. In Erinnerung bleiben ja in der Regel nicht die vielen kleinen Glücksmomente, die Väter tagtäglich erleben dürfen. Das strahlende Gesicht, wenn Papa nach dem Mittagsschlaf ins Zimmer kommt, die witzigen Kinderfragen am Frühstückstisch (Papa, hast du dein Ei schon geesst?) oder das Versteckspielen im Badezimmer (ohne auch nur einer einzigen Versteckmöglichkeit). Hier nun meine persönlichen Glücksmomente 2016:

„Sie haben eine Tochter!“ Mein absolutes Highlight und eigentlich auch nicht zu überbieten: die Geburt meiner zweiten Tochter. Ich bin so unendlich dankbar und glücklich.

„Papa, ich kann das schon!“ Das Gefühl von Stolz, als die Große zum ersten Mal alleine die lange Tunnelrutsche im Zoo gerutscht ist.

„Ich verkünde euch große Freude, ein Kind ist geboren.“ Wie lässig die Große einen der Engel im Krippenspiel dargestellt hat.

„Hiermit taufe ich dich im Namen des Vaters, ….“ Der Moment, als meine Mutter meiner Tochter das Taufkleid der Familie angezogen hat, in dem ich vor fast 44 Jahren auch getauft wurde.

„Heute Nacht kommt die Schnullerfee.“ Mein glückliches Erstaunen, wie cool meine Tochter die Tage nach dem Besuch der Fee ohne ihren Schnuller zurecht kam und bis heute kommt.

„Mein Papa!“ Wenn meine Große abends nach der Arbeit an der Haustür auf mich wartete und fest umarmte.

„Schnarch.“ Die langen Spaziergänge am Nordseestrand mit der schlafenden Kleinen vor meinem Bauch.

„Papa, du kannst loslassen.“ Der Augenblick, als meine Tochter beim Fahrradfahren üben stolz wie Oskar weitergeradelt ist, als ich das Rad nicht mehr festgehalten habe.

„Stille.“ Die strahlenden Augen der Großen, als sie zum ersten Mal vor dem geschmückten Tannenbaum steht.

„Schmatz, schmatz, schmatz.“ Mitzubekommen, wie sehr sich meine beiden Töchtern mögen. Auch wenn es für die Kleine ab und an etwas zu viel Liebe ist…

„So, jetzt noch den Schreibtisch aufräumen, dann beginnt meine Elternzeit.“ Die Vorfreude die letzten Wochen vor dem 29. Dezember.

Tag zwei …

Nie wieder schreibe ich: „Wir sind gespannt auf die Nacht.“ Denn die war richtig kacke. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Große hatte Bauchschmerzen und Durchfall. Dafür war der Morgen super! Die Große und die Kleine spielten gemeinsam zwischen uns im Bett und wir konnten noch etwas Schlaf nachholen.

Nachmittags dann meine erste größere Unwissenheit. Die kleine Maus hatte Hunger und ich wollte ihr schnell einen Brei machen, wie ich es bei der Großen früher auch täglich gemacht hatte. Also eigentlich kein Problem, dachte ich. Falsch gedacht. Im Kopf große Leere. Wie gut, dass ich seit gestern im Trainee-Programm bin. Also kurzer Anruf bei meinem Telefonjoker (die war gerade mit der Großen einkaufen) und zack, der Brei war fertig. Okay, wie mein Joker mich später aufklärte, hatte ich das Bratfett mit dem Rapsöl verwechselt. Meine hungrige Tochter hat das aber nicht sonderlich gestört, der mit ganz viel Papaliebe angerührte Brei war ratzfatz aufgegessen.

Der erste Tag

Wie war er, mein erster Tag als Papa in Elternzeit? Eigentlich war er so, wie die typischen Wochenendtage bislang. Daher kam von der Großen heute früh im Bett auch gleich die Frage: „Papa, ist heute Wochenende?“ „Warum“, wollte ich wissen. „Weil du heute nicht zur Arbeit fährst“, war die bis gestern logische Schlussfolgerung. Tiefer einsteigen in das Thema Papa und Elternzeit wollte sie dann aber doch nicht.

Ich persönlich habe schon an der ein oder anderen Stelle gemerkt, dass heute doch kein Wochenende ist. Los ging es gleich nach dem letzten Blogeintrag gegen Mitternacht. Ich war gerade auf dem Weg ins Bett, als mir meine Frau mit der fertigen Milchflasche vor dem Kinderzimmer stand. Ich bot ihr an der Kleinen die Flasche zu geben. „Stimmt, du bist ja jetzt in Elternzeit“, sagte sie, drehte sich um und ging ins Schlafzimmer. „Ja“, dachte ich, „das ist jetzt auch mein Job.“ 10 Minuten später lag ich im Bett. Meine Frau allerdings musste genau in der Zeit die Große beruhigen und kam erst nach einer halben Stunde ins Bett zurück. Für dieses Mal hatte ich Glück!

Da meine Frau noch bis zum 8. Januar Ferien hat (ich habe eine schulpflichtige Frau) hatten wir heute ein quasi klassisches Wochenendfrühstück. Nach dem letzten Schluck Kaffee ging die Mutter meiner Kinder ins Fitnessstudio. Aber vorher wurden mir noch ganz klare Instruktionen mit auf den Weg gegeben. „Vergiss bitte nicht die Kinder warm anzuziehen. Sie brauchen Handschuhe, Mütze und Schal. Ich will nicht dass sie frieren.“ Genau, eigentlich hatte ich vor meine Kinder bei der Kälte in T-Shirt, dünner Sommerhose und Sandalen nach draußen zu lassen. „Und schau bitte in der Wickeltasche, ob dort auch dicke Wechselklamotten sind. Bevor du mit den Kinder raus gehst, müsstest du die Kleine noch einmal wickeln und die Große auf Toilette schicken.“ Und ich dachte eine Windel am Tag würde reichen 😉 „Und ganz wichtig, die Kleine muss auf jeden Fall zwischendurch was trinken.“

Bei diesen ganzen megawichtigen Informationen war ich zwischenzeitlich aufgestanden und hatte angefangen die Lebensmittel in den Kühlschrank zu stellen. Daraufhin meine große Liebe: „Ach ja, jetzt muss ich mich daran gewöhnen, dass du die Sachen immer an ganz andere Stellen im Kühlschrank stellst.“ Von den vielen Umsortierungen der Kinder-Kleiderschränke in den letzten Monaten ihrerseits war an dieser Stelle natürlich keine Rede. Die waren ja immer sinnvoll und der jeweiligen Jahreszeit angepasst.

Ja, wir müssen uns erst in unseren neuen Rollen einspielen. Alles ganz normal. Mal sehen, wie ich mich am Ende meiner Elternzeit anhöre.

Vorhin beim Zubettgehen wurde ich von der Großen noch mit einem nicht so leichtem Thema konfrontiert. Sie hatte vorher mitbekommen, dass ein Onkel von mir vor ein paar Tagen verstorben war. Sie wollte nun ganz genau wissen, warum er denn gestorben ist, warum er nicht mehr aufwacht und wann wir und Oma und Opa denn sterben. Die letzte Frage im Bett war „Und wer macht das mit dem Sterben?“ Ganz ehrlich, keine so einfache Bettlektüre.

Jetzt sind beide Kinder im Bett, wir Eltern sitzen auf dem Sofa und tippen und surfen ein wenig herum und sind gespannt auf die Nacht.

Drei, zwei, eins und Leinen los!

Jetzt ist sie also da, meine Elternzeit. 16 Monate bin ich ab heute für meine Kleine (und für die Große) zuständig. Davon sechs Monate komplett ohne Job. Einiges werde ich so machen wie meine Frau, ein paar Dinge vermutlich so ähnlich und sicherlich einen nicht ganz unerheblichen Teil komplett anders. Und das ist gut so!

Wie wird die Zeit? Wovor habe ich am meisten Respekt? Welche geplanten Projekte kann ich wirklich angehen und wobei machen mir meine Mädels einen Strich durch die Rechnung? Wie werde ich später über meine Elternzeit denken?

Der Start ist noch ganz soft, bis zum 8. Januar sind wir Eltern zusammen an Bord. Aber dann, wenn die Frau, die acht Monate das Schiff so wunderbar gesteuert hat, tagsüber die Brücke verlässt, beginnt für meine Mädels und mich die raue See. Wann kommt der erste fette Sturm? Wo finde ich in Seenot schnell einen sicheren Hafen? Auf all diese Fragen kann ich heute noch keine Antworten geben. Ich kann nur sagen, ich freue mich riesig auf die kommende Zeit und bin gespannt, welche Abendteuer meine Kinder und ich gemeinsam meistern werden.

Es wird Zeit, Leinen los!!!!