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Nein sagen – warum es für Kinder so wichtig ist

Nein sagen - Grenzen setzen

„Auch! Auuuuuch!!!!!“  ruft Lila und rennt in die Küche. Dort bekommt ihre Schwester gerade ein Glas Orangensaft. „Nein, ich kann dir keinen Saft geben. Davon bekommst du einen wunden Popo. Du kannst gerne ein Glas Milch oder Wasser haben.“  Kaum habe ich den Satz ausgesprochen, liegt meine jüngste Tochter auch schon auf dem Boden, strampelt mit den Füßen und weint bittere Krokodilstränen.

Nein sagen ist gar nicht so leicht. Wir Eltern wünschen uns ja eine positive Beziehung zu unseren Kindern. Das Wort Nein ist für einen guten Kontakt nicht gerade förderlich. Es führt auch nicht zu einem Lächeln oder einem „Papa, du bist toll“. Vielmehr folgt dem Nein oft eine nervige Auseinandersetzung mit unseren Kindern.

Ganz anders sieht es aus wenn wir Ja sagen – dann sind wir der beste Papa bzw. die beste Mama der Welt. Logisch, dass uns das Ja im Vergleich zum Nein deutlich leichter von den Lippen geht bzw. einfacher erscheint. Ein paar Jahre später – spätestens im Grundschulalter – sind sie dann aber da: die Konflikte, die erst durch das Vermeiden vom Nein sagen entstanden sind.

Warum ist es so wichtig, unseren Kindern Grenzen zu setzen?

Babys sind nach der Geburt ausschließlich auf ihre eigenen Bedürfnisse fixiert. Das ist ganz normal und für die Kleinen überlebenswichtig. Daher ist es in den ersten Lebensmonaten absolut notwendig, dass wir Eltern unmittelbar, verlässlich und bedingungslos die Bedürfnisse unserer Kinder nach Nahrung, Liebe und Schutz befriedigen. Kein Baby der Welt kann, wenn es um 10 Uhr Hunger hat, bis zum Mittagessen um 12 Uhr warten.

Anders sieht es bei Kleinkindern um die zwei Jahre aus. Nach und nach müssen wir sie dabei unterstützen neben ihren eigenen Bedürfnissen auch die Bedürfnisse der Geschwister, von uns Eltern und anderen Menschen wahrzunehmen. Ab dem dritten Lebensjahr können sie lernen abzuwarten, das eigene Bedürfnis aufzuschieben. Wenn beispielsweise Mama der Schwester gerade ein Buch vorliest, Papa und Mama gerade miteinander sprechen oder Papa dabei ist, die Spülmaschine auszuräumen.

Auch müssen Kinder verinnerlichen, dass es gefährlich ist mit dem heißen Bügeleisen zu spielen, einfach auf die Straße zu laufen oder auf das Hochbett der großen Schwester zu klettern.

Kinder wollen uns Eltern und unser Handeln begreifen. Was ich damit meine? Sie wollen verstehen, wozu wir Eltern Ja und Nein sagen, was wir gut finden und was wir ablehnen. Wenn wir konsequent und verlässlich Grenzen setzen, werden unsere Handlungen und Reaktionen für sie vorhersehbar. Gleichzeitig übernehmen unsere Kinder durch unsere Wiederholungen nach und nach unsere Moralvorstellungen. Konsequent heißt hier nicht zwingend starr bei der einmal festgelegten Grenze zu bleiben. Genauso, wie unsere Kinder sich von Tag zu Tag weiterentwickeln, verändern auch wir ab und an unsere Einstellungen und Haltung.

Was brauchen unsere Kinder von uns?

Das Wichtigste ist, dass wir für unsere Kinder verlässlich, klar und vorhersehbar sind und bleiben. Kinder brauchen unsere Geduld, wenn sie insbesondere ab dem dritten Lebensjahr immer wieder Grenzen austesten; bestimmte Verhaltensweisen tagelang wiederholen und absolut davon überzeugt sind, alles (aber wirklich alles) ohne Mama und Papa zu schaffen. Ständiges Kritisieren und Meckern schon beim kleinsten unerwünschtem Verhalten ist wenig hilfreich.

Wir müssen unseren Kindern in dieser Entwicklungsphase auf der einen Seite die Freiräume bieten, in denen sie die Welt entdecken, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen und ihr Selbstbewusstsein stärken können. Auf der anderen Seite müssen wir ihnen an den Stellen Grenzen setzen, an denen ihre Bedürfnisse mit denen der Familie bzw. der Gemeinschaft kollidieren.

Zurück zu Lila, meiner auf dem Boden liegenden Tochter. Ich lasse sie noch einen Moment weinen, knie mich dann neben sie auf den Boden und sage: „Ich kann gut verstehen, dass du jetzt sauer bist. Aber ich bleibe dabei, du kannst gerne Milch oder Wasser haben. Aber erst musst du aufhören zu weinen.“ Es vergeht noch etwas Zeit, dann steht Lila auf, wischt sich die Tränen mit ihrem Pullover weg, zeigt auf ihren Becher und fragt: „Milch?“

Da waren es noch fünf Glücksmonate

Zack, gerade erst habe ich die Sektkorken zum Start meiner Elternzeit knallen lassen und schon ist der erste Monat um. Wenn die Zeit weiter so rennt, muss ich in wenigen Tagen schon wieder ins Büro.

Andererseits kann ich sagen, 31 Papa-Töchter-Tage sind geschafft und die Kleine (und die Große) leben noch, haben etwas zum Anziehen und sehen auch ansonsten nicht sonderlich verwahrlost aus. Gut, das mit den Zöpfen klappt noch nicht so ganz, eine Wolljacke ist beim Waschen eingelaufen und letztens hatte ich nur noch fünf Natur-Joghurts im Kühlschrank. Aber es muss ja noch Entwicklungspotential für die nächsten Monate geben.

Neben dem ganzen organisatorischen und haushaltstechnischen Kram gibt es ja Gott sei Dank noch die Zeit mit den Kindern. Nach anfänglichen Beschnuppern und Einruckeln (Papa macht halt doch einiges anders als Mama) gab es für mich im letzten Monat einige Schlüssel- und Glücksmomente:

Das kleine Wunderwesen, ich komme nach dem Mittagsschlaf ins Zimmer und nehme es vorsichtig aus dem Bettchen. Meine Kleine blinzelt mich an, kuschelt sich mit ihrem Kopf an meinem Hals und ihre Arme drücken mich ganz fest – unsere erste „du-bist-mein-Papa-Umarmung“. Ich komme zur Spieldecke, sie blickt mich freudestrahlend an, dreht sich auf den Rücken, streckt ihre Arme nach mir aus und ich verstehe sofort: „Papa, nimm mich auf den Arm!“. Ich singe „Wie das Fähnchen auf dem Turme“, sie lacht vor Freude und bewegt ihre Finger. Ich frage „Nochmal?“ und verstehe ihr „Ja, Papa, bitte.“

Sie testet und forscht, sie übt und probiert, immer und immer wieder. Stundenlang. Und dann ist er da, der nächste Entwicklungsschritt. Wie schön, den Stolz in ihren Augen zu sehen. Sie kann nun robben, im TrippTrap sitzen, sich längere Zeit alleine beschäftigen, sucht ihre Mama, Schwester und Papa und freut sich, wenn ihre Familie wieder bei ihr ist.

Das große Wunderwesen, es kommt morgens in mein Bett gekrabbelt, kuschelt sich an mich und flüstert: „Mein Papa!“ Ich komme in die Kita um die Große abzuholen, sie lässt alles stehen und liegen und fliegt in meine Arme. Der kurze Blickkontakt beim Abendessen und wir verstehen uns.

Dieses unsichtbare Band, es ist da, es war schon immer da, vom ersten Tage an, es ist nur noch dicker geworden Ich liebe meine Mädchen und sie lieben mich. Das weiß und spüre ich. Wenn jemand wissen möchte, wie sich Glück anfühlt, ich kann es ihm sagen.