Monat: Juli 2016

Grausame Welt

Bürgerkrieg in Syrien, Polizeigewalt in den USA, Terroranschläge in Paris, Brüssel und Nizza, Putschversuch in der Türkei, Amoklauf in München, … Glaube, Fanatismus, Ideologien, Größenwahn, Ehre, … die Nachrichten sind voll davon. Die Welt zeigt sich von ihrer hässlichen Seite. War das schon immer so und ist es mir nur nicht aufgefallen, weil ich früher andere Dinge im Kopf hatte? Nein, natürlich nicht. Kriege und Krisen begleiten mich seit meiner Geburt. In meine Jugend fällt u.a. der erste Golfkrieg. Ich war entsetzt und habe dagegen demonstriert. Aber damals hatte ich Angst um mich, heute ist das anders. Heute, als Familienvater, blicke ich besorgt auf meine Kinder und weiß nicht, was sie in dieser Welt alles miterleben müssen! Und gefühlt kommt der Terror immer näher. Tief eingebrannt hat sich in meinem Kopf ein Bild aus Nizza: ein Vater sitzt weinend neben seinem toten Kind. Gerade haben sie sich noch gemeinsam das Feuerwerk angeschaut und Sekunden später wird das Kind von einem dreifachen Familienvater überfahren. Grausam! So etwas will ich niemals erleben. Aber diese Sicherheit wird es für mich und für alle anderen Väter und Mütter dieser Welt nicht geben. Wir werden lernen müssen mit dem Gefühl der Ohnmacht und Schutzlosigkeit zu leben.

Und deshalb tun sie so gut, die Glücksmomente im Leben! Als ich am Freitag von den Schüssen in München hörte, dachte ich an das letzte Wochenende zurück. Geburtstagsfeier mit Freunden im Garten, die Große spielt mit meinem Patenkind begeistert Fußball, die Kleine schläft sicher in den Armen meiner Frau. Ich trinke mein Weizen und denke: ja, das Leben ist oft grausam – aber meine Familie und meine Freunde sind Glück, Sicherheit und Vertrauen. Ich lasse mir meine Glücksmomente nicht nehmen, auch wenn ich ab und an mal Angst habe!

Warum ich?

Seit Wochen gibt es ein Wort, das meiner fast dreijährigen Tochter täglich gefühlte 100x aus dem Mund entweicht: „WARUM?“. Und zwar egal zu welcher Tag- und Nachtzeit und egal worüber wir gerade reden. Von „WARUM musst du den Rasen mähen?“ bis hin zu „WARUM müssen wir essen?“.

Vorhin dann die bislang schwierigsten WARUM-Fragen ever: „Papa, WARUM bist du und Mama verheiratet?“ „Mhm, weil Mama und ich uns lieben!“ „Und WARUM liebt ihr euch?“ „Äh, weil die Mama so eine tolle Frau ist.“ „Und WARUM?“ „Weil …“ „Na ja, weißt du ….“ „Also das ist so …“ Da saß ich nun, auf der Badewannenkante im Badezimmer, der Auftrag war eigentlich bis vor drei Sekunden klar definiert: meine Tochter beim Zähneputzen zu begleiten. Nicht mehr und nicht weniger. Und dann, drei Minuten vor dem Zubettgehen, so heftige WARUM-Fragen.

Ich habe scheinbar ein paar passende Antworten auf ihre Fragen gefunden, jedenfalls hat meine Tochter sich mit ihnen zufrieden gegeben und ist mir bereitwillig ins Kinderzimmer gefolgt. Ich aber habe weiter darüber nachgedacht. Eine folgerichtige WARUM-Frage wäre noch gewesen: „WARUM hat Mama dich ausgesucht, um mich zu bekommen?“ Gut, mit knapp drei Jahren wahrscheinlich eine etwas zu intellektuelle Frage. Aber ich hatte sie die ganze Zubettgehzeit im Kopf. Ja, WARUM eigentlich ich?????

Weil ich gut zu ihren Lebensvorstellungen gepasst habe, sagt meine Frau. Aber was meint Sie damit? Es haben einfach die Interesse gestimmt, wir wir uns Familie vorstellen und was wir vom Leben erwarten. Dicker Pluspunkt waren meine regelmäßigen Patenkind-Livevorstellungen. Meine Partnerin war damals sehr angetan, wie ich mich um mein Patenkind gekümmert habe. Und dann – ganz unromantisch – war ich einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ich kann rückblickend nur sagen: da habe ich echt Glück gehabt!

Conni und ihr Papa …

Ich weiß, ich springe aktuell extrem auf Väterthemen an und übertreibe vielleicht auch etwas dabei. Aber dennoch, lieber CARLSEN-Verlag, eure „Conni“-Bücher gehen pappatechnisch gar nicht! In welchem Jahrzehnt spielen die Geschichten von Conni? Ganz sicher nicht im Jahr 2016. Den Eindruck habe ich jedenfalls nach der Lektüre einiger Conny-Bücher gewonnen. Und wir haben nicht nur ein Pixi-Buch von Conni.

Hier mal zwei Beispiele: Da gibt es das Pixibuch „Conni im Krankenhaus“. Gleich auf der ersten Seite geht die Mama zum Kita-Elternabend und der Papa bleibt zu Hause. Aber er passt nicht auf Conni auf, sondern schaut Fernsehen. Conni soll schlafen, verletzt sich aber auf der Rutsche ihres Hochbetts. Gott sei Dank hört der Vater das Weinen, jedenfalls ruft er einen Krankenwagen (warum er nicht einfach mit seiner Tochter ins Krankenhaus fährt, bleibt mir ein Rätsel) und informiert anschließend via Telefon die Mama. Das war es vorerst für den Papa. Ab jetzt übernimmt Connis Mutter. Sie ist im Krankenhaus bei den Untersuchungen dabei, sitzt an Connis Bett, übernachtet mit Conni im Krankenzimmer und kümmert sich nach dem Aufstehen sofort wieder um ihre Tochter. Da taucht Connis Vater auf. Er bringt Wäsche, Zahnputzzeug und Connis Teddy. Und schwups ist er auch schon wieder weg. Die Mama ist bei der Visite dabei und muss – da ein zweites Mädchen in das Zimmer verlegt wird – die nächste Nacht im Mütterzimmer übernachten (nennt man heute vermutlich eher Elternzimmer). Auf der letzten Seite des Pixibuchs darf der Papa immerhin Conni gemeinsam mit der Mama abholen. Und zum Schluss wird noch erwähnt, dass er die Unfallstelle in Connis Zimmer abgesichert hat.

Zweites Beispiel: „Conni und das neue Baby“. Da ich schon ein Buch ausführlicher beschrieben habe, hier nur eine kurze Zusammenfassung: Der Vater von Conni darf zusammen mit einem Onkel das Hochbett aufbauen (welches Conni mit Mama gekauft hat). Ansonsten hat er in dem ganzen Buch ausschließlich eine Statistenrolle. Schlimmer noch, er muss für das zweite Kind noch Wickeln üben (scheinbar hat er es in den ersten Jahren bei Conni noch nicht ausreichend gelernt).

Das Väter im Leben ihrer Kinder nur hin und wieder auftauchen und für die emotionale Beziehung zu ihren Kindern mit null Prozent zuständig sind, mag ja vor 30 Jahren noch so wie in den Conni-Büchern gewesen sein (bei mir war es allerdings schon vor über 40 Jahren anders). In meinem Umfeld erlebe ich heute aktivere Väter. Also, lieber CARLSEN-Verlag, es ist an der Zeit eure Conni-Kinderbücher dem 21. Jahrhundert anzupassen!