Monat: Oktober 2016

Der Countdown läuft

Unsere Kleine ist jetzt ein halbes Jahr alt. Noch 61 Tage, dann bin ich für sechs Monate in Elternzeit und meine Frau geht wieder voll arbeiten. Da sitzen jetzt nun Zwei mit ganz unterschiedlichen Gefühlen abends auf dem Sofa. Bei mir steigt die Vorfreude und bei meiner  Frau wächst die Trauer, dass die Elternzeit endet.

Klar freue ich mich schon riesig auf die Zeit, die da kommt. Gleichzeitig habe ich auch dicken Respekt vor dem, was da auf mich zukommt. Einen ersten Vorgeschmack habe ich letzten Freitag erhalten. Kaum war meine Frau zu einer Shoppingtour für sich und die Kinder aufgebrochen, fing der Stress für mich auch schon an. Die Kleine machte mir schnell klar, dass ich aus ihrer Sicht nicht der schnellste Milchflaschenvorbereiter auf Erden bin. Irgendwann war die gute Dame mit meiner Mischung und der Temperatur einverstanden und saugte an der Flasche, als ob sie seit Tagen nichts mehr bekommen hätte. Gerade wollte ich mich entspannt zurücklehnen, da kletterte die Große von ihrem Stuhl, ging in den Flur, schaute mich an und sagte: „Zu spät“. Bevor ich nachfragen konnte, was sie mit „Zu spät“ eigentlich meinte – gedanklich war ich direkt bei dem wunderschönen Lied von den Ärzten – sah ich es: die Hose färbte sich dunkel und um die Socken herum entstand eine Pfütze. Ich wollte  die Kleine kurz beim Trinken unterbrechen – was ihr natürlich komplett egal war. Umso mehr ich versuchte den Sauger aus ihrem Mund zu ziehen, umso fester saugte sie an dem Ding. Sekundenkleber hätte nicht besser haften können.

Also nahm ich das trinkende Kind unter meinen Arm und ging in den Flur. Dort hatte sich die Große mittlerweile weiter durch den Flur bewegt und aus der Pfütze war ein kleiner Fluss geworden. Mir gelang es, ihr die nassen Sachen mit einer Hand auszuziehen, sie auf die Toilette zu setzen und Waschlappen und Wechselzeug zu holen. Die Kleine störte das alles nicht und trank auf meinem anderen Arm munter weiter. Nachdem die Große wieder sauber und angezogen war, wollte ich mich um den Flur kümmern. Ging aber nicht, da die Kleine genau in dem Moment – wir waren gerade wieder ins Wohnzimmer zurückgekehrt – gefühlte 50ml ihrer Babymilch über sich und mich ausspuckte. Also rauf zum Wickeltisch, Body und Strampler wechseln und wieder runter zur Großen. Die hatte inzwischen die Malsachen auf dem Esstisch ausgebreitet und bemalte die Tischdecke ….

Gott sei Dank kam meine Frau nach zwei Stunden zurück und wir konnten uns die Kinder wieder aufteilen. Und wieder wuchs meine Achtung vor allen Alleinerziehenden und allen Frauen (dazu gehört auch meine) und Männern, die über längere Zeiträume ihre Kinder alleine betreuen. Respekt.

120 Minuten Freiheit

Gestern war ein besonderer Tag für uns Eltern. Die Große ist für zwei Tage bei Oma und Opa. Das letzte halbe Jahr wollte sie von Übernachtungen ohne Mama, Papa und ihrer Schwester nix wissen. Kann ich gut verstehen. Nach ihrem letzten Übernachtungswochenende bei Oma und Opa lag da eine kleine Schwester Zuhause auf dem Sofa. Also lieber keine Übernachtungen mehr, bei niemanden, dann bleibt es bei nur einer Schwester, wird sich die Große vermutlich gedacht haben. Nun aber hat sie ihre Meinung geändert und ist strahlend ins Großelternauto eingestiegen.

Und da unsere Babysitterin gestern Zeit hatte, konnten wir – zum ersten Mal seit Geburt der Kleinen – abends mal wieder in die Stadt. Zwei Stunden Zeit zu zweit. Nur zwei Stunden, werden Menschen mit viel Zeit zu zweit jetzt vielleicht denken. Unglaubliche, wunderbare, phantastische  zwei Stunden, sage ich. 120 Minuten bei unserem Lieblingsitaliener. Und wir haben nicht nur über die Kinder geredet. Hurra, das Leben außerhalb der eigenen vier Wände hat uns zurück! Wenn auch vorläufig nur für zwei Stunden…

Glücksmomente

Im letzten Urlaub wollten wir gemütlich Frühstücken gehen. Der Plan sah vor, dass die Kleine während des Frühstücks im Maxicosi schläft, die Große mit ihrem Ei und ihrem Wurstbrötchen ausreichend beschäftigt ist und wir Eltern ganz relaxt und entspannt einen Latte Machiato trinken und das Frühstücksbüfett plündern.

Soweit die Theorie, die Praxis sah natürlich ganz anders aus. Die Kleine war hellwach und wollte auf dem Arm getragen werden, die Große hatte ihr Ei im Nu verschlungen und tat im Anschluss alles dafür, dass sich einer von uns komplett um sie kümmern musste. Unterm Strich waren wir nur gefühlte 10 Minuten im Restaurant, hatte jeder von uns Eltern ein Kind auf dem Arm und bis auf Rührei und Brötchen blieb keine Zeit für die Leckereien am Büfett. Dafür aber dicke Luft zwischen meiner Frau und mir.

In solchen Situationen beame ich mir dann schnell Glücksmomente mit meiner kleinen Familie in den Kopf: meine große Tochter, die morgens in mein Bett gesprungen kommt und mit einem Strahlen auf dem Gesicht „mein Papa“ ruft, mich fest umarmt und nicht mehr loslässt. Meine Kleine, die bei jedem Blickkontakt mit mir ein Strahlen auf ihr Gesicht zaubert und ganz aufgeregt mit ihren Armen wedelt. Meine Frau, die mir eine Postkarte in meine Arbeitstasche steckt, in der sie mir schreibt, wie sehr sie mich liebt.

Und ganz ehrlich, solche Glücksmomente passieren täglich. Man muss sie in der Alltagshektik nur einfangen und aufbewahren.

Vorsicht! Väter überrollen ihre Kinder im Schlaf!

Heute muss ich mal etwas meckern! Schuld ist das Buch „Ich will bei euch schlafen! von Sibylle Lüpold. Wir hatten und haben bei unserer Großen immer mal wieder längere Phasen mit Einschlaf- bzw. Durchschlafschwierigkeiten. Ich wollte mehr über das Co-Sleeping wissen. Kurzerhand habe ich im Netz das Buch von Frau Lüpold bestellt. Immerhin wurde es von Medizinern und Stillberaterinnen empfohlen.

Beim Auspacken fiel mein Blick gleich auf das Cover: mein Gott, was für ein Klischeebild! Kind ganz nah an Mama gekuschelt, der Papa hält schützend seinen Arm über seine kleine Familie und mit der anderen Hand hält er den Arm seiner Partnerin. Warum liegt das Kind nicht in der Mitte der Eltern? Im Buch beim Thema Sicherheitsmaßnahmen angekommen, bekam ich von Frau Lüpold die Erklärung: „Das Baby liegt besser nicht zwischen den Eltern, sondern nur neben der Mutter. Dies ist sicherer, da sich diese auch im Schlaf der Anwesenheit des Babys bewusster (als der Vater) ist.“Genau, wir väterlichen Gefühlspanzer überrollen nachts unsere Babys im Schlaf, weil uns ja dieses Bewusstsein fehlt.

Noch heftiger ist die Rolle, die Frau Lüpold den Vätern zuschreibt: „Fühlt sich die Mutter ständig gezwungen, zwischen den Bedürfnissen ihres Kindes und denen ihres Mannes zu entscheiden, können sich ihre mütterlichen Instinkte nur schlecht entfalten. Der Vater kann eine andere, nicht minder wertvolle Beziehung zu seinem Kind aufbauen, indem er sich an dessen Pflege beteiligt, es häufig trägt und später viel mit ihm spielt. Für viele Kinder wird der Vater bald zu einem Helden, auf den sie sehr stolz sind und mit dem sich wunderbar herumtoben lässt.“

Heißt dass, wir Väter sind verantwortlich für die Qualität der Entfaltung der mütterlichen Instinkte? Aber was ist mit väterlichen Instinkten? Wer kümmert sich um die? Und warum sollen wir Väter uns auf die Rolle als Trage, Tobe- und Spielepapa beschränken? Was ist mit der emotionale Versorgung unserer Kinder? Sollen wir da kneifen?

Ich habe schon sehr viele Bücher und Artikel über Eltern-Kind-Bindung gelesen. Leider steht Frau Lüpold mit ihren Ansichten nicht alleine da. Wenn von einer gelungen Eltern-Kind-Bindung gesprochen wird, taucht der Begriff Vater selten auf. Es wird in der Regel von Mutter-Kind-Bindung gesprochen und dann von weiteren Bezugspersonen. Unter diesem Sammelbegriff ist dann – neben Erzieherinnen – auch der Vater zu finden.

Ich persönlich bin der Meinung, dass Väter durch aktive Vaterschaft mit den Müttern gemeinsam die wichtigsten Bindungspersonen sein können. Insbesondere dann, wenn Väter mehrerer Monate Elternzeit nehmen und/oder die Väter viel Alltagszeit mit dem Kind alleine erleben können.

Überall und immer wird darauf hingewiesen, dass Väter den emotionalen Teil nicht übernehmen, wenig Kontakt zum Kind suchen, etc..  Das wird sich nicht ändern, wenn Stillberaterinnen und Mediziner dieses Buch weiterhin empfehlen, Mütter die Anmerkungen in diesem Buch anwenden und die Väter sich in die enge Rolle als Spiele- und Tobepapa festhalten/drängen  lassen bzw. sich mir ihr zufrieden geben.